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Glossar rund um die Deutsche Gebärdensprache und die Gehörlosenkultur

Hier erfährst du in „short words“, was die wichtigsten Begriffe in der Gehörlosenkultur bedeuten. Ein großer Teil davon ist bereits auch im Glossar des neuesten Roman "Meine Hände - deine Stimme" enthalten. Aber hier werden für dich mit der Zeit immer wieder neue Begriffe aufgenommen und erläutert.


Audismus: ist eine Form von Diskriminierung gegenüber hörbehinderte Menschen. Es ist ähnlich wie bei Rassismus oder Sexismus, nur dass es hier um Vorurteile und Barrieren geht, die aufgrund der Gehörlosigkeit oder Hörverlust entstehen. Zum Beispiel werden hörbehinderte Menschen aufgrund von Vorurteilen oder Unverständnis oft als weniger fähig angesehen und bekommen weniger Chancen oder Möglichkeiten, an der Gesellschaft teilzuhaben oder am Arbeitsmarkt zu bestehen. Dabei ist Gehörlosigkeit oder eine Hörbehinderung keine Beeinträchtigung, sondern erfordert nur andere Rahmenbedingungen und eine andere Kommunikation – mithilfe von Gebärdensprache und technischer Hilfsmittel können sie aktiv am Leben teilnehmen und genauso erfolgreich sein.


Baby Signs: sind einfache Gebärden oder Handzeichen, um die Kommunikation zwischen Babys und Eltern zu unterstützen, bevor sie sprechen können. Diese Kurse richten sich überwiegend an hörende Babys mit hörenden Eltern und sind zu einem Trend geworden. Weil die Babys mithilfe der Gebärden ihre Bedürfnisse und Wünsche schon früh mitteilen können und dadurch die frühkindliche Kommunikation gefördert wird. Oft aber sind die Gebärden nicht aus der Deutschen Gebärdensprache entnommen.


CODA: ist eine englische Abkürzung und steht für „Children of Deaf Adults“. Das sind hörende Kinder gehörloser Eltern.


Deaf Community (Gehörlosenkultur): ist eine Gemeinschaft, die aus gehörlosen und schwerhörigen Menschen besteht, die die Gebärdensprache nutzen. Sie teilt eine gemeinsame Kultur, Sprache und Erfahrungen und hat ihre eigenen sozialen Normen, Werte und Traditionen. Die „Deaf Community“ setzt sich auch für die Rechte und Belange gehörloser Menschen ein und fördert die gegenseitige Unterstützung und Teilhabe innerhalb der Gemeinschaft. Heutzutage verwendet man auch immer häufiger das Wort „Gebärdensprachgemeinschaft“, um die Menschen, die mit der Gebärdensprache und Kultur aufgewachsen sind (z.B. CODAs) oder die die Gebärdensprache erlernt haben und sich mit der Kultur identifizieren, aber hörend sind, willkommen zu heißen.


Deaf Gain: sieht die Gehörlosigkeit nicht als eine Behinderung oder Verlust, sondern als eine Chance, als eine Bereicherung für die Gesellschaft. Denn sie legt den Fokus auf die positiven Aspekte der Gehörlosigkeit und betont die einzigartigen Fähigkeiten, Perspektiven und kulturellen Beiträge. Wenn du zum Beispiel die Gebärdensprache kannst, könntest du auf ganz romantische Art und Weise unter Wasser beim Tauchen einen Heiratsantrag machen oder durch die Glasscheibe kommunizieren ;-)


Deutsche Gebärdensprache (=DGS): ist eine eigenständige visuelle Sprache, die erst 2002 in Deutschland anerkannt wurde. Sie hat eigene Grammatik, Wortschatz und Linguistik, die sich von der (deutschen) Lautsprache deutlich unterscheidet. Du kommunizierst gleichzeitig mit Mimik, Gestik, Handformen, Mundbild und Körperhaltung. Dazu verwendest du Gebärden, um Wörter, Sätze und komplexe Gedanken auszudrücken. Wie jede andere Sprache hat auch die DGS Dialekte und regionale Unterschiede.

Aber jeder kann sie wie jede andere Fremdsprache lernen. Und nein, die Deutsche Gebärdensprache ist keine internationale Gebärdensprache.


Wichtige Anmerkung: Nicht alle gehörlose Menschen können die Deutsche Gebärdensprache, da sie unterschiedlich aufwachsen und oft nicht die Chance dazu bekommen, sie zu erlernen. Oder eben andere Kommunikationsformen wie zum Beispiel die Lautsprache oder Lautsprachbegleitende Gebärden bevorzugen. Die Gemeinschaft ist sehr vielfältig: Es gibt gehörlose Menschen, die die Lautsprache sprechen, dann gibt es schwerhörige Menschen, die nur gebärden und kein einziges Wort sprechen (können), dann gibt es hörbehinderte Menschen, die bimodal - bilingual mit zwei Sprachen (in dem Fall die Gebärdensprache und die Lautsprache) aufwachsen und dann gibt es leider auch diejenigen, die ohne eine Sprache durch das Leben gehen (müssen).


Gehörlosenpädagogen: haben in der Regel eine Ausbildung (Studium) im Bereich der Sonderpädagogik mit dem Schwerpunkt der Gehörlosenpädagogik und unterrichten meistens Kinder und Jugendliche mit einer Hörbehinderung. Entweder arbeiten sie in Schulen für Hörgeschädigte oder auch in der Inklusion. Leider können die meisten Gehörlosenpädagogen auch heute immer noch keine Gebärdensprache, obwohl nach außen hin etwas anderes behauptet wird. Das hängt mit dem Mailänder Kongress 1880 zusammen und mit immer noch bestehenden, falschen Vorurteilen und mangelnder Aufklärung, aber auch dem politischen Bildungssystem an den Universitäten. Damals wurde die Deutsche Gebärdensprache verboten, weil man gedacht hatte, sie wäre keine richtige Sprache und würde nur die Lautsprache behindern. Das hatte weitreichende Konsequenzen, die leider noch bis heute andauern, obwohl sie schon längst wissenschaftlich widerlegt wurden.


Lautsprachbegleitende Gebärden (LBG): es wird zu jedem einzelnen Wort gleichzeitig gesprochen und gebärdet. Es dient zur Unterstützung, um die Lautsprache besser zu verstehen und ist ideal für den Grammatikunterricht. Aber es ist NICHT die Gebärdensprache.


Lautsprachunterstützende Gebärden (LUG): sind ähnlich wie die lautsprachbegleitenden Gebärden, nur hier wird nicht mehr zu jedem einzelnen Wort gleichzeitig gesprochen und gebärdet, sondern nur noch bei den wichtigsten Wörtern dazu gebärdet. Es ist ebenfalls eine Methode, um die Lautsprache zu unterstützen.


Lautspracherwerb: kann bei gehörlosen und schwerhörigen Kindern eine größere Herausforderung darstellen und sehr unterschiedlich ausfallen. Da sie nicht oder nur eingeschränkt auf die Lautsprache zugreifen können, ist das Erlernen der gesprochenen Sprache in der Regel schwieriger als bei hörenden Kindern.

Es gibt natürlich Hilfsmittel wie Hörgeräte oder Cochlea Implantate, die den Lautspracherwerb erleichtern könnten, aber auch keine Garantien sind. Denn auch mit diesen Hilfsmitteln brauchen sie zusätzliche Förderung. Es wurde allerdings wissenschaftlich bewiesen, dass die Gebärdensprache den Lautspracherwerb positiv beeinflussen kann.


Sprachliche Deprivation: den meisten gehörlosen Kindern wird immer noch der Zugang zur Gebärdensprache verwehrt und damit gleichzeitig die Chance genommen, überhaupt eine richtige Sprache auf natürlicher Weise lernen zu dürfen. Das kommt daher, weil 90 Prozent der gehörlosen Kinder hörende Eltern haben und diese durch den Diagnoseschock verunsichert sind und mit falscher, unsensibler Aufklärung sowie zu vieler, unzureichender Informationen von Ärzten und der Gesellschaft überfordert werden. Zum großen Nachteil für das Kind, denn das kann langfristig negative Auswirkungen auf die Sprachentwicklung, die kognitive Entwicklung und die soziale Kommunikation haben.



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